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HEIKE HAGEN – DIE DEUTSCHE SIRI STIMME IM INTERVIEW

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Nicht selten drehen sich die Leute nach ihr um, wenn Sie Ihre Stimme hören. Sie kommt ihnen bekannt vor. Dann steht Heike Hagen vor ihnen und sie können sie nicht zuordnen. Bei vielen sind verdutzte Gesichter zu erkennen, wenn Heike Hagen spricht. 

Heike Hagen war die deutsche Stimme von Apples Sprachsoftware Siri, sie hat zudem über 60.000 Minuten TV-Material vertont. Außerdem spricht sie Hörbücher, Synchronrollen in US-Serien und Kinofilmen und Werbung oder auch die Straßennamen in Navigationssystemen. In Berlin hat sie ihr eigenes Tonstudio und produziert auch ihre eigene Musik unter dem Namen Velve.

Als Stimme von Siri täglich 6 Stunden vor dem Mikrophon

Das bekannteste Projekt von Heike Hagen ist, dass sie der Sprachsoftware Siri ihre Stimme geliehen hat. „Aufnahmen für Sprachleitsysteme sind wirklich anstrengend, weil man riesige Berge von Texten, ordnerweise über Monate spricht und das oft sechs Stunden am Tag.

Dabei ist meist der Abstand vom Mikrophon zum Mund mit dem Zentimetermaß abgemessen und wird immer wieder nachgemessen. Das heißt auch, dass man immer die gleiche Körperhaltung über diese sechs Stunden haben muss. So bleibt auch die Lautstärke gleich.

Alles sollte so konsistent wie möglich bleiben. Sonst kann die Software die einzelnen Takes später nicht zusammenfügen,“ beschreibt sie den Ablauf.

Professionell Texte einsprechen ist wie Sport: Training ist das A und O

Eine schöne Stimme allein reicht allerdings nicht aus, um als Sprecherin erfolgreich zu sein – vielmehr ist Training das A und O. „Die Muskeln müssen warm werden. Da sind viele Muskeln beim Sprechen beteiligt. Das ist wie Sport. Man muss die Muskeln aufwärmen und dann gibt es mehrere Stufen – was man alles machen sollte, damit man als Sprecherin performen kann. Das ist einmal die muskuläre Lockerung, Atemtraining und dann kommt eigentlich erst die Übung der sauberen Artikulation von Konsonanten und Vokalen. In Kombination mit Thai Chi und Yoga kann man da sehr schöne Übungen machen. Die sorgen für das gewisse Volumen und den Glanz in der Stimme.

Der letzte Part ist dann das Rollenspiel, die verschiedenen Haltungen, die man ja auch als Profisprecher von jetzt auf gleich anbieten können muss und die Tempi Wechsel. Man hat ja oft Situationen, wo man komplexe Aufnahmen sprechen muss und schon die erste Aufnahme perfekt sein muss. Das muss man alles schnell abrufen und auch wechseln können.

                            „Vorbereitung ist das halbe Leben“ sagt Heike Hagen. 

 

Auch und gerade als professionelle Sprecherin. „…Selbst, wenn ich nur einen Satz einzusprechen habe – vor diesem einen Satz gibt es immer die Stunde Stimmübungen“, erklärt uns die 48-Jährige.

                            Einen „normalen“ Arbeitstag gibt es bei Heike Hagen nicht. 

 

EHLION hat sie verraten, wie ein beispielhafter Tag aussieht:  
„Heute prüfe ich einen Vertrag für eine große Hörbuchproduktion. Ich habe mir schon das Manuskript ausgedruckt und bereite mich auf meine Rolle vor. Da es 200 Seiten sind, ist es viel Arbeit. Danach muss ich nochmal mit der Regisseurin besprechen, wie die Haltung bei dem Ganzen ist. Das eigentliche Sprechen ist der kleinste Teil.

Der größte Teil ist die Verwaltungsarbeit, weil die Verträge selbst für kleinste Produktionen immer aufwändiger sind. Auch die Akquise mache ich selbst. Ich habe zum Beispiel gerade meine Homepage mit 14 neuen Hörbeispielen aktualisiert.“

Zwischen Voice-Over-Stimme und Synchronsprecherin

Der Beruf der Sprecherin hat viele Facetten. Heike Hagen ist zum Beispiel ebenfalls im Bereich Voice-Over tätig: „Das kam ziemlich oft vor bei den TV-Dokumentationen, von denen ich 60.000 Minuten gesprochen habe. Da muss man nicht lippensynchron sprechen. Es reicht, dass man sich grob an Tonhöhe und Haltung der Figur anpasst. Man versucht sich darauf einzustellen, wie die Person sich bewegt, ob sie dynamischer spricht oder ruhiger.“

Synchronisieren ist eine spannende Herausforderung

Eine größere Herausforderung stellt die Synchronisierung für Heike Hagen dar: „Ich leihe am liebsten virtuellen Figuren in Videogames meine Stimme.“ Und auch der Ablauf beim Synchronisieren ist spannend. „Da ist eine große Uhr im Studio. Sie zeigt einen Countdown an, z.B. 4, 3, 2, 1 – man weiß, dass man auf die 1 beginnt. Man hat vor sich einen Ordner liegen, worin die Texte mit nummerierten Szenen sind, und liest ihn einmal durch. Dann bekommt man einmal die Szene gezeigt und dann geht es 4, 3, 2, 1 und man legt los. Man hat die Szene also einmal vorhergesehen, wie schnell es sein muss und an welchen Stellen die Atmer sitzen. Das macht aber auch genau den Reiz an der Sache aus,“ beschreibt sie ihren Berufsalltag.

Die ewige Faszination und große Leidenschaft für Sprache

Eine gewisse Faszination für Sprache gab es bei ihr schon immer. Früher ging das allerdings in eine etwas andere Richtung. Sie wollte Dolmetscherin werden. „Es ist bis heute so, dass, wenn ich auf einer Veranstaltung bin, wo ein Dolmetscher anwesend ist, ich gespannt an seinen Lippen hänge – vorausgesetzt ich verstehe die Sprache ein bisschen. Die Liebe zur Sprache und ein sprachliches Talent waren immer da.

Das waren auch meine besten Fächer in der Schule, neben Kunst und Musik,“ erklärt sie uns. Letztendlich hat sie es aber doch zunächst zum Hörfunk verschlagen. Mit 19 absolvierte Heike Hagen ein Volontariat (medienspezifische Ausbildung) beim Radio. Zu dieser Ausbildung gehörte ein Theaterlehrer und der war direkt begeistert von ihrer Stimme.

Heikes Lehrer: „Du musst dein Talent zum Beruf machen.“ 

Heike Hagen kommt aus Düsseldorf und ist seit mehr als 20 Jahren Freiberuflerin. Sie genießt es, sich ihre Zeit frei einteilen zu können und je nach Kreativphase auch am Wochenende oder nachts arbeiten zu können.  Vielen Dank für das Interview. Noch mehr Infos zu Heike Hagen und Stimmproben gibt es HIER.

Heike Hagens Weg ins iPhone

Das iPhone: Smartphone schlechthin und das Aushängeschild von Apple, hat seinen Kultstatus nicht zuletzt Siri zu verdanken. Der vorinstallierten Software und dem persönlichen Assistenten, welcher mit seinem iPhone-Besitzer „spricht“, bei der Erledigung von Aufgaben unterstützt und Informationen aller Art liefert.

Casting mit 100 Mitbewerbern

Um die Stimme von Siri zu werden, musste sich Heike Hagen zunächst in einem Casting gegen zahlreiche Mitbewerber durchsetzen. Jedoch nicht bei Apple selbst, sondern bei dem Unternehmen Nuance, eines der führenden Unternehmen für Spracherkennungslösungen. Auch für die Diktatsoftware Dragon Dictate bekannt, hat der Softwareentwickler Nuance seine Spracherkennungs-Technik an Apple verkauft. Und damit auch die Siri-Stimme der ersten iPhone Generationen unter den Betriebssystemen iOS 5 und iOS 6.

Heike Hagen ging beim Einsprechen noch davon aus, dass Ihre Stimme von Nuance für Navigationssysteme verwendet würde. Dass ihre Stimme unerwartet auf Millionen von Smartphones erklingt, damit hatte Heike Hagen nicht gerechnet.

Die Originalstimme von Siri auf Englisch: Susan Bennett

Apple ist bekannt dafür, nichts dem Zufall zu überlassen. Das zeigt sich auch bei der Auswahl für die englische Originalstimme von Siri. Denn wie bei Heike Hagen, als Sprecherin für die deutsche Siri-Version, wurde auch bei der Sprecherin für die amerikanische Siri-Version auf eine dem Nutzer vertraute Stimme gesetzt.

Die Rede ist von der US-amerikanischen Synchronsprecherin Susan Bennet. Vielen Zuschauern ist ihre Stimme aus zahlreichen Werbespots im Fernsehen bekannt. Auch Sie ging beim Einsprechen von Textbausteinen und häufig sinnlosen Begriffen 2005 nicht davon aus, dass diese einmal für die Spracherkennung des iPhones verwendet würden.

Wer steckt hinter der männlichen Siri Stimme?

In den ersten iPhone Generationen war auf Siri nur die weibliche Stimme verfügbar. Mittlerweile gehört dieser Standard der Vergangenheit an, sodass der Nutzer die Möglichkeit hat auf eine männliche Stimme zu wechseln. Wer hinter der männlichen Stimme steckt, lässt sich bisher noch nicht mit Sicherheit sagen.

Gerüchte lassen vermuten, dass es sich um den deutschen Schauspieler und Synchronsprecher Tobias Nath handeln soll. Im James Bond-Film „Skyfall“ synchronisierte er die Figur „Q“ und wurde dem breiten Publikum durch eine Reihe von Synchronisierungen bekannt.

Was bedeutet der Name Siri?

Die Abkürzung bzw. das Akronym Siri steht für „Speech Interpretation and Recognition Interface“. Üblicherweise existiert das Akronym vor der Abkürzung. Im Falle von Siri als Apple Software ist es genau anders herum. Der Vorname Siri existierte schon vor der Apple-Software und ist skandinavischer Herkunft. Der schwedische weibliche Vorname Siri ist verwandt mit dem auch in Deutschland weit verbreiteten Namen Sigrid und dem finnischen weiblichen Vornamen Siro. Auch über die europäischen Grenzen hinaus ist Siri, bzw. Abwandlungen davon bekannt und bedeutet z. B. in der thailändischen Sprache „Glück“.

In der Aussprache ist Siri um einiges nutzerfreundlicher als die vollständige Bezeichnung. Doch Apple hatte bei der Namensgebung für die sprechende Software sicher nicht nur die Aussprache im Blick. Zumindest lässt sich das vermuten.

Es ist jedoch ganz anders…

Siri war schon vor dem Verkauf an Apple 2010 der Firmenname. Dag Kittlaus, einer der Firmengründer, wollte den Namen zunächst für seinen Familiennachwuchs verwenden und registrierte in weiser Voraussicht die dazugehörige Domain. Da der Familienzuwachs ein Junge war, konnte der Name Siri erst etwas später bei der Firmengründung eine andere als ursprünglich geplante Verwendung finden.

Eine weise Namenswahl, auch wenn Dag Kittlaus ursprünglich noch nicht wusste, wie geschickt diese Namenbezeichnung einmal sein würde. Geschickt, denn zu einem Software-Assistenten mit weiblichem Vornamen lässt sich einfacher eine „persönliche“ Beziehung aufbauen.  Bei anderen Sprachassistenten (z. B. Alexa oder Cortana) die nach Siri auf den Markt kamen, wurden auch weibliche Vornamen für die Bezeichnung verwendet. Diesmal allerdings ganz bewusst.

Millionen von Nutzern weltweit stellen Siri Fragen ganz allgemeiner Natur. Dazu zählen die Wettervorhersage, die Uhrzeit oder Fragen nach Fahrzeiten zu bestimmten Zielen. Neben nützlichen Informationen hat der digitale Assistent jedoch auch immer mal wieder eine humorvolle Antwort parat. So lautet Siris Antwort auf „Was bedeutet Siri?“: „Der Name „Siri“ hat viele subtile, metaphorische und teilweise widersprüchliche Bedeutungen. Aber leider darf ich darüber nicht sprechen.

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